Markwerben am See
Von Fred Knauth (2004, verstorben Oktober 2010)
„Markwerben am See", so könnte die neue Anschrift von Markwerben heißen. Schaut man vom Aussichtsturm ins Tal, so kann man die überfluteten Wiesen sehen. Das ist ein Zustand der Neuzeit, das war nicht immer so. Wasserbaumaßnahmen und Unvernunft sowie Fehlentscheidungen haben diesen Zustand geschaffen und keiner will die Verantwortung übernehmen.
Mit Überschwemmungen und Druckwasser hatten die Bürger der Gemeinde schon in frühen Jahren zu kämpfen. Etliche Gehöfte liegen fast gleich auf mit den Wiesen und die Saale trat regelmäßig über ihre Ufer. In den Jahren 1433, 1501, 1613, 1651, 1784, 1841, 1941 und 1954 kam es zu besonders hohen Überschwemmungen und Gefahren für das Dorf.
Ein Gedenkstein in der Markwerbener Straße in Weißenfels zeigt die damaligen Pegelstände an. (Dieser Stein sollte übrigens einmal in Ordnung gebracht werden.) Nach den Angaben auf dem Stein muss das Wasser auf den Wiesen im Dorf bis zu zwei Metern hoch gestanden haben.
Nicht nur das Saalehochwasser brachte Probleme für das Dorf, sondern auch der von Storkau kommende Bach. Bei Schneeschmelze und Unwetter flössen die Wassermassen Richtung Dorf. Ehe die Häuser im Auenweg gebaut wurden, konnte man auf den dortigen Feldern und Wiesen an der Vegetation den damaligen Bachverlauf in Richtung Dorf erkennen. Von dort aus floss das Wasser in Richtung Weißenfels.
Stellenweise kann man heute noch den Verlauf des Baches erkennen. Auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik in Weißenfels und dort, wo das heutige Umsiedlerheim steht, war ein Sumpfgebiet. Daneben gab es zwei Teiche. Zu Zeiten der Papierfabrik diente einer der beiden Teiche als Schwimmbad mit Badehäuschen, Sprungturm und Laufsteg für die Besitzer der Papierfabrik. Der andere Teich diente als Karpfenteich. Ab dort lief der Bach parallel zur Straße und mündete am Weg zur Marienmühle in die Saale. Über diesen Bach konnte das Hochwasser in kurzer Zeit abfließen. Die beiden Teiche und der Bach wurden auf Anweisung von Experten verfüllt.
Um den ständigen Hochwassern ihre Gewalt zu nehmen und die Ortslage von Markwerben trockenzulegen, wurde eine für die damalige Zeit einmalige Wasserbaumaßname in Angriff genommen. Entlang der Grenze zur Uichteritzer Flur wurde ein Damm errichtet. Dieser Damm hat an den Feldern an der Aue die Höhe von bis zu drei Metern. Das Einzigartige an diesem Damm ist, dass auf seiner Krone ein Bett für den aus Storkau kommenden Bach geschaffen wurde. Dieser wurde nun am Dorf vorbei direkt in die Saale geleitet. Man bedenke, dass es zu dieser Zeit noch keine Baumaschinen gab. Die gesamte Erde wurde mit Hacke und Schaufel sowie Schubkarre und Pferdefuhrwerk bewegt. Damit entstand in Richtung Uichteritz ein weiterer Damm.
Der bereits erwähnte Graben in Richtung Weißenfels wurde begradigt. Er begann auf dem Gelände der jetzigen Viehkoppeln parallel zur Straße nach Uichteritz. Er ist sehr deutlich zu sehen. Am Weg zu Saale mündet der Angergraben, welcher das Oberflächenwasser aus Richtung Rodelbahn („Hohle") aufnehmen sollte. Ein weiterer Graben befand sich hinter den Häusern in der Uichteritzer Straße. Dieser Graben wurde teilweise verfüllt und überbaut. Wann dieser Damm angelegt wurde, konnte ich nicht ermitteln, es könnte aber durchaus schon um 1613 gewesen sein. Das Hochwasser in diesem Jahr wurde die „Thüringer Süntflut" genannt. 1799 soll das höchste Hochwasser seit Menschengedenken gewesen sein. Auch danach könnte der Baubeginn gewesen sein.
Übrigens fehlt an der Kreuzung an der Hauptstraße heute jede Möglichkeit zur Aufnahme dieses Oberflächenwassers von der Rodelbahn. Im Rahmen der Baumaßnahmen an der Hauptstraße wurde wieder vergessen, dass bei starken Gewittern in den Sommermonaten oft Schlammlawinen die Kreuzung und den unteren Teil der Rodelbahn heimsuchten. Vielleicht müssten die Verantwortlichen an den Kosten für die Schlammbeseitigung und sogar an der Schadensbeseitigung an Gebäuden beteiligt werden. Bei Einsätzen der freiwilligen Feuerwehr wird der Schlamm regelmäßig nach den Gewittern beseitigt.
Mit dem Bau der Saaletalsperren sollten die Hochwasser gebannt werden. Es kam jedoch immer wieder zu Überschwemmungen, so 1941, 1954 und das letzte Hochwasser 1994 ist uns allen noch in bester Erinnerung. Der danach ausgehobene Graben brachte keine Lösung, man hätte dies eigentlich bei einer Vermessung vorher feststellen müssen.
Seit Jahren nun steht das Wasser auf den Wiesen. Es gibt mehrere Faktoren, die zu den Überschwemmungen führen... So ist der bereits genannte verfüllte Graben in der Markwerbener Straße in Weißenfels, die Erhöhung der Wehrkrone und die Stilllegung der Pumpwerke, welche das Grundwasser über Jahrzehnte absenkten.
Über das Wasser wird in Markwerben viel diskutiert, eine konkrete Lösung wurde bisher nicht gefunden und ist derzeit auch nicht in Sicht. Es wäre aus meiner Sicht unbedingt zu empfehlen, dass die Planer bei der Suche nach Lösungen vor Ort Bürger der Gemeinde Markwerben konsultieren. Vielleicht kann damit sehr viel Geld gespart werden Ich schlage den Verantwortlichen vor, eine Studienreise nach Holland zu unternehmen, dort kann man viel über Entwässerung lernen.
Trotz aller Problematik des Hoch- und Druckwassers auf den Markwerbener Wiesen und Feldern gibt es aber auch positive Seiten. Es haben sich viele Wasservögel angesiedelt, die ideale Bedingungen vorfinden. Im flachen Wasser finden Störche reichlich Nahrung. Frösche, Kröten und Molche haben ideale Laichbedingungen. Mancherorts werden mit großem Geld- und Arbeitsaufwand Biotope geschaffen oder wiederhergestellt. Da die überfluteten oder versumpften Flächen für die Landwirtschaft nicht mehr nutzbar sind und zum Teil auch künftig nicht nutzbar sein werden, könnte darüber nachgedacht werden, die Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt in einzelnen Bereichen zu fördern und entsprechend zu schützen. Man könnte sogar Flächen künstlich vertiefen, wo sich das Wasser sammeln kann und auch in den trockenen Monaten stehen bleibt. Jedoch müssten Fachleute solche Maßnahmen gründlichst untersuchen und die Nebenwirkungen abwägen. Dicht bewachsene Teiche mit geschützten Tieren könnten Markwerben gut stehen und vielleicht sogar bereichern – „Markwerben am See“?