Alfred Cramer – ein Heimatmaler
von Mike Sachse (1999)
Alfred Cramer, Sohn eines Händlers aus Leipzig, wurde am 25. Februar 1896 geboren. Seit seinem dritten Lebensjahr wohnte er in Markwerben. Die meisten älteren Markwerbener können sich wahrscheinlich noch an Alfred erinnern. Malerte und tapezierte er doch in vielen Häusern ihre Wohnungen. Dazu kamen noch zahlreiche Tür- und Möbelbemalungen sowie seine Bilder, die in vielen Wohnungen anzutreffen waren. Um 1900 hatte der Vater mit seiner Familie die Messestadt wahrscheinlich aus beruflichen Gründen verlassen, um nach Markwerben zu ziehen. So wuchs Alfred Cramer in einer dörflichen Gegend Umgebung auf. Für ein dreijähriges Kind mag es das große Abenteuer gewesen sein, nun die Wiesen und Gärten zu durchstreifen. Ob jedoch die Eltern diesen Ortswechsel als Verbesserung empfanden, ist zu bezweifeln, denn in Leipzig bestand schon eine andere Wohnqualität. So gab es fließendes Wasser, Gasbeleuchtung, kurze Zeit schon elektrisches Licht und Toiletten befanden sich im Haus, im Gegensatz zu den dörflichen Gegebenheiten.
Nach Abschluss der Grundschule begann er eine Malerlehre in Leipzig. Spätestens hier muss er seine Liebe zum Malen entdeckt haben. Vielleicht hätte er gleich ein Studium als Kunststudent angefangen, wenn die finanziellen Möglichkeiten vorhanden gewesen wären.
Nach Beendigung seiner Lehrzeit wurde sein weiterer beruflicher Werdegang durch den 1. Weltkrieg unterbrochen, an dem er als Soldat teilnahm. Gleich nach seiner Rückkehr begann Alfred Cramer mit seiner Meisterlehre, die er 1925 mit der Überreic hung des Meisterbriefes beendete. In der Zwischenzeit absolvierte Alfred Cramer noch Kurse als Kunstmaler an der Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. Bis Ende der 20er Jahre soll er die Kurse besucht haben. Seine ersten, erhaltenen Übungsskizzen zeigen noch mit Bleistift angefertigte Stillleben. Diesen ersten Bildern und Skizzen sieht man noch eine Steifheit und Ungelenkigkeit an, im Gegensatz zu seinen späteren Bildern, die von einer Professionalität zeugen, die er sich als Kunstmaler erworben hatte.
Doch leider konnte er in den ersten Jahrzehnten nicht so viel malen, wie er es sich vielleicht gewünscht hätte. Sein Beruf nahm ihn voll in Anspruch. Denn nach Ablegen des Meisterbriefes eröffnete Alfred Cramer seinen eigenen Malerbetrieb. Ging das Geschäft am Anfang nicht so gut, konnte er mit Beginn der 30er Jahre schon Lehrlinge und Gesellen beschäftigen. 1938 baute er sich in der Uichteritzer Straße 25 ein zweistöckiges Wohnhaus mit dahinterliegender Werkstatt. Bis dahin wohnte Alfred Cramer mit seiner Frau Gertrud, eine geborenen Lebe aus Langendorf, die er 1921 heiratete, zur Miete in einem Hause, das zum Erbhof erklärt wurde und ihn so zum Bau eines eigenen Hauses veranlasste. Doch die Freude währte nicht lange. 1940 wurde Alfred Cramer zum Wehdienst eingezogen. So musste er nun zum zweiten Mal als Soldat in den Krieg ziehen. In der Zwischenzeit wurde der Betrieb durch seine Frau, soweit es möglich war, aufrechterhalten.
Nach Rückkehr in sein Heimatdorf Markwerben begann Alfred Cramer sofort, das Geschäft wieder aufzubauen. Schon nach kurzer Zeit bekam er die neuen Machtverhältnisse zu spüren. Eine Denunziation führte zu einer mehrwöchigen Inhaftierung durch das NKWD. Nach seiner Entlassung setzte er sich weiter für seinen Betrieb ein. Die neuen Machthaber ließen ihm aber immer weniger Spielraum, waren doch selbstständige Betriebe als kapitalistische Wirtschaftsform nicht erwünscht. Am Beginn seines Neuanfanges hatte Alfred Cramer noch einen Lehrling beschäftigt, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen seine Stelle aufgab. Bis 1963 hielt er das Gewerbe aufrecht, dann, mittlerweile schon 67 Jahre alt, meldete er seinen Betrieb ab.
Ab Mitte der 50er Jahre begann Cramer verstärkt zu malen. Die Nachfrage war groß. Viele Markwerbener ließen sich für ihr Wohnzimmer meist Landschaftsbilder anfertigen. Auch war es sehr in Mode gekommen, den Hausflur mit einem großflächigen Landschaftsbild zu verschönern. Nur wenige auf Putz gemalte Bilder existieren noch. Die meisten sind Modernisierungen zum Opfer gefallen.
Alfred Cramer malte hauptsächlich Landschaften und Stillleben, selten Portraits, die er durch eine poesievolle-schlichte Darstellung wiedergab. Er malte dabei kaum Phantasiebilder. Meist benutzte er Postkarten oder Fotos als Vorlagen. Viele seiner Motive fotografierte er während seiner Urlaubsreisen. Bemerkenswert ist, dass er dabei immer bewusst den Landschaftsausschnitt fotografierte, den er später malerisch wiedergab. Von besonderem Interesse sind für die Heimatforscher und Heimatinteressierten seine Markwerbener Ansichten. Gibt es zwar aus den 50er Jahren und 60er Jahren vermehrt Fotografien von Markwerben, so haben seine Bilder, die er mit besonderer Detailtreue und Liebe zeichnete, nichts von ihrem Reiz verloren. Bis kurz vor seinem Tod 1976 malte Alfred Cramer in seiner Werkstatt Aquarelle und Ölgemälde, die ihm in Auftrag gegeben wurden. Es gab wohl kaum einen Haushalt in dieser Zeit, in dem nicht wenigstens ein von Alfred Cramer gemaltes Bild hing. Viele seiner Bilder sind auch verschenkt worden. Bis nach Amerika sollen einige gekommen sein.
Schön wäre es, wenn sich diejenigen Einwohner von Markwerben zusammenfinden könnten, die noch in Besitz von Bildern von Alfred Cramer sind. Vielleicht wäre es möglich, die schönsten Bilder von ihm in Form einer kleinen Ausstellung zu zeigen und somit Alfred Cramer als einzigen bekannten Heimatmaler in besonderer Weise zu würdigen.