Das Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Kriege 1866 und 1870/71 in Markwerben
Von Mike Sachse (2002, überarbeitet 2013)
In der Hauptstraße zwischen alten Linden steht ein von der Gemeinde Markwerben 1871gestiftetes Kriegerdenkmal. Die Grundsteinlegung für das Denkmal fand am 3. September 1871 statt und am 22. März 1872 wurde es feierlich eingeweiht.
Das Denkmal besteht aus einem mehrgliedrigen großen Sockelbereich, auf dem ein quadratischer Sandsteinblock aufgesetzt ist. Dieser ist auf allen vier Seiten verziert und mit Inschriften versehen. Als Aufsatz dient eine Sandsteinplatte mit profiliertem Gesims. Bekrönt wird das Denkmal von einer Sandsteinkugel.
Die Inschrift auf der vom Fußweg aus gesehen vorderen Platte lautet:
VICTORIA ET GLORIA
Gott mit uns!
Ihm sei die Ehre!
Gewidmet
Durch die Gemeinde
Markwerben
Im Sockelbereich wird diese Seite noch durch einen Eichenlaubkranz mit gekreuzten Bajonetten verziert.
Die Platte auf der linken Seite enthält folgende Inschrift:
Es starben den Heldentod für`s Vaterland
Gottfried Kloß
geb. d. 16. Febr. 1840, gest. d. 14. Aug. 1866 bei Uettingen
Wilhelm Walter
geb. d. 26. Febr. 1843, gest. d. 17. Aug. 1870 bei Mars la Tour
Karl Schulze
geb. d. 24. Okt. 1847, gest. d. 20. August 1870 bei Gorze
Als Verzierung ist über der Inschrift ein Eisernes Kreuz angebracht, welches von drei Seiten von einer geschwungenen Eichenlaubgirlande umrahmt ist.
Die Inschrift der rechten Platte lautet:
Zum Andenken
an den
siegreich durchkämpften Krieg
im Jahre 1866,
und an die Wiederaufrichtung des
deutschen Reiches durch den gegen
Frankreich geführten und mit ruhm-
reichem Siege gekrönten Krieg
in den Jahren
1870 und 1871.
Auf der hinteren Platte ist zu lesen:
Es waren einberufen:
1866
Albert Streichan
Franz Grimmer 1870/71
Franz Barthmann Gottlob Vogel.
Wilhelm Wengering.
1866 u. 1870/71 Carl Kloß.
Friedrich Schlag.
Franz Wirbigke Franz Decke.
Friedrich Krebs. Wilhelm Koch.
Heinrich Knuitz. Franz Stadelmann.
Carl Koedel. Friedrich Walther.
Friedrich Koch. Hugo Morus
Traugott Walther.
Gottlob Wahren.
Friedrich Schulze.
In späteren Jahren wurden am Denkmal noch Veränderungen vorgenommen. Als Bekrönung war ursprünglich ein Baldachin im neogotischen Stil aufgesetzt. Unter dem Baldachin saß vermutlich ein Adler auf einer Krone, wie auf einer Postkarte von 1913 (Poststempel) zu erkennen ist. Die obere Sandsteinplatte und die Kugel sind somit erst später aufgesetzt worden. Es ist zu vermuten, dass Witterungseinflüsse den filigranen Baldachin zerstörten. Wann das Denkmal verändert wurde, lässt sich nicht genau nachvollziehen. In Frage kommt der Zeitraum zwischen 1918 und 1936. Es lässt sich mutmaßen, dass das Denkmal anlässlich des 50jährigen Jubiläums erneuert wurde.
Zu den auf dem Denkmal aufgelisteten drei Gefallenen, konnten im Kirchenbuch Hinweise gefunden werden. Für Johann Gottfried Kloß fügte der damalig zuständige Pfarrer Miltizer folgende Informationen zum Sterbeeintrag an: “Füsilier bei der 3. Kompanie des Königlich Magdeburgischen Füsilier-Regiments Nr.36. In Folge einer in der Schlacht bei Üttingen in Bayern am 26. Juni erhaltenen Schußwunde im rechten Mittelfuß verstorben. Unbekannt begraben, wahrscheinlich bei Üttingen.“ Ob Gottfried Kloß wirklich unbekannt begraben wurde, ist zu bezweifeln. Wahrscheinlich fehlten dem Pfarrer nur die nötigen Informationen. Auch wird im Kirchenbuch ein anderes Todesdatum angegeben, als auf dem Gedenkstein (14.8.) und zwar der 24.8. Welches Datum nun das richtige ist, bleibt ungeklärt.
Das Füsilier-Regiment Nr. 36, das 1820 aus dem Füsilier-Bataillon des im Jahre 1815 errichteten 34. Infanterie (2. Res.) Regiments entstanden war, gehörte im Deutschen Krieg 1866 zum IV. Preußischen Infanterie Armee-Korps. Dieses wiederum war der Main-Armee unter der Führung von General Vogel von Falkenstein und Generalleutnant Edwin von Manteuffel angegliedert.
Im Laufe des Kriegsgeschehens kam es zu entscheidenden Gefechten zwischen dem VII. deutschen Bundeskorps unter der Führung des Prinzen Karl von Bayern und dem VIII. unter der Führung des Prinzen Alexander von Hessen auf der einen Seite und der sogenannten Main-Armee unter der Führung des Generals Vogel von Falkenstein auf der anderen Seite. Zwischen dem 1. und dem 26. Juli 1886 kam es zum sogenannten Mainfeldzug. Es war der letzte Feldzug im Deutschen Krieg. So kam es am 26.07. zu einem Gefecht bei Roßbrunn-Üttingen, an dem das Füsilier-Regiment 36 beteiligt war. Das 3. Bataillon, in dem auch Gottfried Kloß diente, hatte die Aufgabe, eine feindliche Stellung anzugreifen. Dabei erlitt das Bataillon solche großen Verluste, dass der Angriff zusammenzubrechen drohte. Erst mit dem Eingreifen des 1. und 2. Bataillons konnte der Angriff erfolgreich mit der Einnahme der feindlichen Stellung zu Ende geführt werden. In diesem Gefecht erhielt Gottfried Kloß seine Verletzung, an der er einige Wochen später verstarb.
Ab Mitte des Jahres 1870 verschärften sich die politischen Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich. Auslöser dafür war die von Bismarck geförderte Kandidatur des Erbprinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen auf den spanischen Thron, wogegen Frankreich energischen Widerstand leistete. Diese Spannungen entluden sich am 19. Juli in Form einer Kriegserklärung Frankreichs an Preußen. Die süddeutschen Staaten stellen sich entgegen französischen Erwartungen sofort an die Seite des Norddeutschen Bundes. Alle Nachbarländer Deutschlands blieben neutral. Die deutsche Heeresleitung ging daraufhin mit drei Armeen in die Offensive. In diesem nun beginnenden Krieg starben zwei Markwerbener Einwohner.
Friedrich Wilhelm Walter, der als Musketier in der 5. Kompanie des Königlich Preußischen 4. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 72 diente, nahm an der Schlacht bei Vionville-Mars-la-Tour teil (16.08.). Dies war eine der verlustreichsten Schlachten für beide Seiten. In dieser Schlacht standen sich die 2. Armee unter Führung von Prinz Friedrich Karl von Preußen und die französische Rhein-Armee unter Führung von Marschall Bazaine gegenüber. Das Regiment Nr.72, welches in der 32. Brigade eingegliedert war, hatte die Aufgabe, die sogenannte Nance-Schlucht zu erobern. Kurze Zeit später wurde der Befehl durch König Wilhelm, der sich nun persönlich in die Kampfhandlungen eingeschaltet hatte, rückgängig gemacht. Der Befehl lautete nun, die Höhe von Point du Jour anzugreifen. In diesem erfolglosen Angriff wurde wahrscheinlich Friedrich Wilhelm Walther schwer verletzt (Schussverletzung im Brustbereich). Er verstarb noch am gleichen Tag im Feldlager in Gorze. Begraben wurde er in einem Massengrab auf dem Schlachtfeld in der Nähe von Gorze. In der Schlacht, in der es keinen Sieger gab, starben auf deutscher Seite rund 16 000 Soldaten, auf französischer Seite rund 17.000 Soldaten. (Die Angaben zu den Verlusten variieren in verschiedenen Publikationen.)
Auf dem Denkmal wird als Todestag der 17.8.1870 angegeben. Dabei handelt es sich aber, laut Kirchenbucheintrag, um das Datum des Begräbnisses. Auf einem in der Markwerbener Kirche aufbewahrten Gedenkbild wird ebenfalls der 16.08.1870 angegeben.
Ein zweiter Markwerbener, Johann Karl Schulze, diente als Ulan im Königlich Preußischen Altmärkischen Ulanen Regiment Nr. 16, in der 4. Eskadron. Das Regiment nahm ebenfalls an der Schlacht bei Vionville-Mars-la-Tour teil und zwar an dem sogenannten Todesritt der Brigade Bredow. Die Brigade, die aus dem Magdeburgischen Kürassier-Regiment Nr. 7, dem Oldenburgischen Dragoner-Regiment Nr.19 und dem Altmärkischen Ulanenregiment Nr. 16 bestand, sollte die französische Artillerie unter General Canrobert und die Reiterverstärkung der Franzosen angreifen und ausschalten. Nachdem sie auftragsgemäß die französische Artillerie und Kavallerie außer Gefecht gesetzt hatten, konnte die Brigade von Bredow sich zurückziehen. Die Verluste betrugen ungefähr die Hälfte der Brigade. In diesem Gefecht wurde Johann Karl Schulz verwundet, woraufhin er wenige Tage später verstarb.
Auch bei ihm gibt es unterschiedliche Angaben zum Todesdatum. Als erster Eintrag wird im Kirchenbuch der 24.9.1870 angegeben. Danach soll Karl Schulze an einer Schussverletzung am Kopf im Lazarett zu Bencourt verstorben sein. Darunter steht ein Nachtrag, aus dem hervorgeht, dass Karl Schulze schon am 20.8.1870 an den Folgen seiner Verwundung (Stich durchs Gehirn) im Feldlazarett Gorze verstorben ist. Auf einem Gedenkbild, welches ebenfalls in der Markwerbener Kirche aufbewahrt wird, steht gleichfalls als Todesdatum der 20.08.1870. Da dieses Datum auch am Denkmal verzeichnet ist, wird der 20.08.1870 das richtige Todesdatum sein.
An dem aus rotem Sandstein gefertigten Denkmal sind die Witterungseinflüsse nicht spurlos vorübergegangen. Im Juni 2002 erfolgte eine Reinigung und Konservierung des Denkmals. Reste einer Farbfassung sind noch zu erkennen. Wahrscheinlich hatte das Denkmal einen weißen Grundanstrich. Die Schrift sowie die Zierleisten und die Schwerter waren schwarz abgesetzt. Der Eichenlaubkranz war grün gefasst. Die Zweckinschriften wurden während der Restaurierung schwarz nachgezeichnet und waren auch einige Jahre gut lesbar. Leider sind diese heute fast nicht mehr lesbar und es müsste eine erneute Restaurierung erfolgen.
Zustand 2007
Zustand 2013
Zustand 2007
Zustand 2013
Zustand 2007
Zustand 2013
Zustand 2007
Zustand 2013
Literatur
Fehleisen, Gamont, „Der Deutsch-Französische Krieg“, Verlag Enßlin u. Laiblin, um 1910
Lindner, Th., „Der Krieg gegen Frankreich“, Berlin 1895
Conze, Werner u. Hentschel Volker, „Plotz – Deutsche Geschichte“, Freiburg/ Würzburg 1988
Kirchenbuch Markwerben, Tauf-, Heirats- und Todesregister 1854-1921
Universallexikon Bd.1-5, Leipzig 1985-1988
Chronik der Parochie Markwerben und der Filiale Obschütz, 1860 von Pastor Chr. Kettner angefangen, bis 1939, Abschrift herausgegeben durch die Kulturbanausen Markwerben e.V.